Lügenpresse andersrum | AfD wie gedruckt
TSBN | 9. März 2016 Wenn die AfD Lügenpresse kreischt, grölen ihre Anhänger. Wir drehen den Spieß und und schauen uns die AfD-Manipulationen in ihrer eigenen Zeitung an. „Alle meine Freunde haben AfD gewählt. Wir haben die Schnauze voll. Es reicht!“ Sagt ein selbständiger Unternehmer in der Wiesbadener Innenstadt. Vorher habe er immer, so tut er kund, CDU oder FDP gewählt. Tag eins nach der hessischen Kommunalwahl Anfang dieser Woche, eingefangen vom Deutschlandfunk.
Dem Mann ist vermutlich kaum zu helfen. Ebensowenig all denen, die seit geraumer Zeit als „besorgte Bürger“ durch’s Land schwanken, teilweise marschieren, meistens pauschalieren oder einfach nur „Es reicht jetzt“ sagen. Diejenigen, die behaupten, sie hätten jetzt weniger, seit all die Flüchtlinge doch hier seien und für die würde ja nun alles gemacht. Anders ausgedrückt kann das nur heißen: „Für mich wurde nie soviel gemacht wie für die, also bin ich jetzt sauer.“ Achja, man weiß ja auch gar nicht, wieviele noch kommen und was das alles kostet und überhaupt: unsere blonden Frauen werden vom Araber bedrängt und so. Substantielles: Fehlanzeige.
Von der Bundeswehr zur AfD
Und wie wichtig es sei, dass man auf die Straße gehe, sagen sie. Und warum sie so laut brüllen und auch schon mal Reportern oder Kameraleuten eins in die Fresse geben (würden). Schließlich nähme die „Lügenpresse“ von ihnen ja sonst kaum Notiz. Könnte sein, aber woran lieg das nur? Jetzt aber hat die AfD ihre ganz eigene Presse. Pünktlich zu den drei Landtagswahlen kommenden Sonntag. Ob man will oder nicht: sie liegt im Briefkasten. Diese Presse lügt natürlich nicht. Ist ja die eigene. Da stimmt alles. Mit Experten und Landesvorsitzenden und anderen echt saucoolen Typen. Der Chef der AfD in Rheinland-Pfalz zum Beispiel. Der arbeitet nach Aussage der lügenfreien AfD-Presse bei der Bundeswehr und spricht von „kriminellen Asylbewerbern“, die „sofort abgeschoben“ werden müssten.
Rechtsstaat? Nicht mit der sog. AfD
Und überhaupt: was das alles kostet. Alleine für die Kinder – igitt! – 6,3 Milliarden Euro. Für welchen Zeitraum? Ist nicht näher beschrieben. Muss ja auch nicht. Denn auf Fakten kommt es nicht an. Es geht nur um Angst, Hass, um Aggressionen. All diese Gefühle bedient die AfD in bester Propagandamanier. Deswegen versteht sie sich auch mit dem Putin-Regime so gut. Es geht ihr nicht um Demokratie, um individuelle Freiheit. Schon gar nicht geht es um die Würde des Menschen. Es geht um Einschüchterung; auch in den sozialen Netzwerken.
Ganz subtil mit Gewalt drohen
Zum Beispiel dann, wenn dem Autor dieses Artikels auf Twitter gedroht wird. Nein, nicht etwa mit Worten wie: „Ich kriege Dich!“ oder „Ich mach Dich fertig!“ Das wäre ja womöglich justiziabel. Viel feiner, deutlich versteckter. Aber mit dem eindeutigen Ziel der Einschüchterung.
Drohungen gegen Andersdenkende: Das ist der Freiheitsbegriff der sog. AfD
(Quelle: Screenshot Twitter)
Bei den „besorgten Bürgern“ von der sog. AfD geht das so: Man findet die Straße und den Ort heraus, wo die Kritiker wohnen und schreibt dann: „…besser, als in der XXXstraße zu wohnen.“
Was soll das anderes bedeuten als politischen Gegnern mit potentieller Gewalt zu drohen – sollten sie weiterhin die AfD kritisieren.
Biedermänner, Biederfrauen und Brandstifter
Die „Lügenpresse“ hat System, jedenfalls bei der AfD. Nur Verschwörungsidioten können tatsächlich glauben, dass neben Frau Slomka oder Herrn Roth je ein rotes Telefon steht. Darauf erhalten sie angeblich „von Berlin“ Anweisungen, was sie zu sagen oder zu verschweigen hätten. Das „Extrablatt“ in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg in den Fingern zu halten bedeutet, zu verstehen, was Hass und Ängste schüren bedeutet. Es gibt keine Antworten. Es gibt nichts Konstruktives. Es gibt nur das Verbreiten von Ängsten. Dass diese in Gewalt münden – damit will die AfD nichts zu tun haben. Und die „besorgten Bürger“ schauen weg. Dabei sind es schon immer Biedermann und Brandstifter gewesen, die in deutschen Gewalt-WGs gemeinsam gewohnt haben.
Ich hatte heute einen Wachtraum: Alle Spitzenkandidaten demokratischer Parteien gehen auf eine einzige Bühne. Sie geben sich alle die Hand. Sie gucken etwas zerknirscht aus der Wäsche. Dann aber sagt jeder und jede den selben Satz:
„Meinetwegen wählt eine andere Partei als meine, aber geht verdammt nochmal wenigstens wählen!“
Denn je geringer die Wahlbeteiligung, desto höher der Prozentsatz für die Feinde, die unsere Demokratie so sehr hassen. Die SPD in Linz hat es in einem Plakat beispielhaft vorgemacht (Photo unten). Egal was: Aber wählen gehen ist nicht nur ein Recht, sondern Pflicht für jeden Demokraten.
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