Weltaidstag | Was aber ist Retinis pigmentosa?
Heute ist WeltAidsTag. Den gibt es schon lange, und es ist gut, dass es ihn gibt. HIV – das klang jahrelang wie ein Todesurteil. Heute können viele Menschen selbst dann noch lange leben, wenn sie dieses Virus in sich tragen. Kaum jemand hat schon einmal von Retinis pigmentosa gehört. Warum eigentlich nicht?
TS|BN 1. Dezember 2016 Es geht nicht darum, die Erfolge und Fortschritte in der Aidsbekämpfung schlecht zu machen. Sie verdienen durchaus Respekt. Vielen Tausenden Menschen wurde und wird geholfen. Dennoch bleibt unser Ansatz, anlässlich aktueller Themen auf Aspekte hinzuweisen, die zu selten beleuchtet werden. Zunächst ein paar Zahlen zum Thema des heutigen internationalen Weltaidstages.
Aids in nüchternen Zahlen
Selbst, wenn die Zahl der Neuinfektionen seit einigen Jahren stabil zu bleiben scheint: es sind jährlich etwa 3200 Menschen, die sich neu infizieren. Es sind durchaus nicht nur Schwule, wie landläufig hinter meist vorgehaltener Hand geäußert wird. Das Robert-Koch-Institut, das sich mit Krankheit und Zahlen in diesem Kontext beschäftigt, listet auf, was an Zahlen aus dem vergangenen Jahr vorliegt. Hier die wichtigsten:
- rund 84.700 Menschen leben in Deutschland mit HIV
- 700 Mal wurde das Virus von Heterosexuellen übertragen
- 2.200 Mal von Männern, die Sex mit Männern hatten
- fast 61.000 HIV-Infizierte werden mit Medikamenten behandelt
- 416 Menschen starben 2015 an den Folgen von HIV/AIDS
Forschung nur für gewinnbringende Medikationen?
Es gibt nach wie vor viel zu viele Tote durch HIV und AIDS. Das steht außer Frage. Also ist weitere Forschung notwendig und Aufklärung erforderlich. Ein Tag wie heute ist wichtig, um auf diese Krankheit und auf Möglichkeiten der Prävention aufmerksam zu machen. Für manche Krankheiten indes gibt es nicht einmal eine Präventionsmöglichkeit. Dazu gehört Retinis pigmentosa.
Wenn es aber keine Möglichkeit der Vorbeugung gibt – anders als bei einer möglichen HIV-Infektion – warum gibt es dann kaum Ergebnisse zur Bekämpfung dieser Krankheit? Es drängt sich der Verdacht auf, dass diese Krankheit einfach keine Lobby hat, die stark genug wäre. Oder ist es einfach so, dass die sich selbst so lobenden „forschenden Pharmaunternehmen“ zu wenig Interesse haben?
Weltaidstag als Vorbild für Kampf gegen RP?
Womöglich haben die CFOs der angeblich so intensiv forschenden Firmen ausgerechnet, dass es sich nicht lohnt. Woanders und mit anderen Mittelchen lässt sich schneller und vor allem mehr Geld verdienen. Kann auch sein, dass sie einfach nicht weiterkommen mit ihrer Forschung. Wir können das nicht beurteilen; dies sei klipp und klar gesagt. Es geht hier nicht um die Anklage gegen jene, die sich täglich mit viel Verantwortung in die Erforschung von Medikamenten stürzen. Die hart daran arbeiten, eine Therapiemöglichkeit für Menschen zu finden, die zu erblinden drohen. Es darf als seltsam empfunden werden, dass selbst die „Ärztezeitung“ diese Krankheit nicht in ihrem Indes „A-Z“ aufführt, obschon sie doch darüber berichtet.
Uns geht es darum, nicht nur die „Richtigen“ für ihre Arbeit anzuspornen. Ein anderer Aspekt ist nicht weniger wichtig. Die Medien, die Zivilgesellschaft, die Politik – sie alle müssen stärker dorthin sehen, wo die Scheinwerfer nichts ausleuchten. In jene Ecken also, in denen nicht das x-te Feature und das tausendste Interview zu immer den gleichen Themen geführt wird. Es geht in unserem Beispiel darum, dorthin zu schauen, wo Menschen erblinden. Obwohl sie es nicht müssten, wenn mehr Mittel zur Erforschung der Krankheit zur Verfügung stünden.
Ziel all derer, die für eine Heilung von Retinis pigmentosa-Patienten kämpfen kann nur sein, eine mediale Fokussierung auf ihr eigenes Anliegen zu erreichen. Der Weltaidstag als Vorbild mag allzu groß erscheinen. Das haben Aidsaktivisten bei ihrem Kampf anfangs auch vermutet.
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RETINIS PIGMENTOSA (RP) und das Usher-Sydrom | Informationen
RP ist eine Erbkrankheit. Ihre exakte Bezeichnung lautet Retinopathia Pigmentosa. In Deutschland leben bis zu 40.000 Menschen, die von einer der verschiedenen Formen von RP betroffen sind. Weltweit wird die Zahl von unterschiedlichen Quellen mit etwa drei Millionen angegeben.
Wer an ihr erkrankt, wird sehr oft blind. Schritt für Schritt, in einem oft Jahre dauernden Prozess, wird das Gesichtsfeld eingeengt (also der ganze Bereich, den wir sehen können, wenn wir unsere Augen bewegen). Erkrankte sehen nur noch wie durch einen Tunnel, der zur Mitte hin stetig kleiner wird. Um zu verstehen, welche Einschränkung RP für den sehenden Menschen bedeutet, sind weitere Bilder hinter dem Bild (oben) verlinkt zu sehen.
Eine Variante dieser Krankheit ist das sogenannte USHER-Sydrom. Darunter leiden etwa 10 % der RP-Patienten. Sie bedeutet, dass der Patient – zusätzlich zu seiner möglichen Erblindung – auch taub wird. Eine echte, heilende Therapie gibt es immer noch nicht. Studien untersuchen immerhin unterschiedlichste Ansätze bis hin zu Zelltransplantationen. Selbst an einem elektronischen Netzhaut-Chip wird nicht gezweifelt.
Trotz all dieser Ansätze ist es an der Zeit, deutlich mehr Geld und Forschungsmittel zur Verfügung zu stellen. Nur so kann eines Tages der Kampf gegen Retinis pigmentosa und das USHER-Syndrom gewonnen werden. Die weltweite Anstrengungen im Kampf gegen das HI-Virus könnten als Beispiel dienen.
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