Die Linke | Links agitieren, rechts abbiegen
Auf die Linke ist Verlass. Wagenknecht agitiert auf dem Parteitag was das Zeug hält. In die Regierung will sie gar nicht. Die Delegierten sind dankbar. Sie grölen. Denn Totalopposition ist viel cooler. Verantwortung übernehmen? Kompromisse eingehen? Igitt! Ein echtes AfD déjà vu. Ist ein bisschen wie bei Höcke-Reden. Nur dass in Hannover die „Internationale“ gesungen wird.
Die Linke ist glaubwürdig, sagt Wagenknecht
TS|BN 12. Jun 2017 Wir wollen dies, wir wollen jenes, wir wollen alles. Wagenknecht konterkariert in der letzten Rede des Parteitages der Linken in Hannover alle anderen Führungsleute. Sie gibt den totalen Takt für die Oppositionspartei vor. Sie jedenfalls will in keine Regierung. Das wird mehr als deutlich. Man müsste Spagate versuchen, müsste um Kompromisse ringen. Kooperativ müsste man auch sein. Das alles will sie nicht, diese Handwerkerin der gebogenen Wahrheit. Sie agitiert, sie vermengt. Sie würgt zusammen, was nicht zusammengehört. Es ist fast eine Zumutung, ihre Rede ganz anzuhören. Bartsch, Kipping und Konsorten scheint es ähnlich zu gehen. Ihr Lächeln beim Applaus wirkt aufgesetzt. Bartsch ballt sogar beide Fäuste, als er neben ihr auf der Bühne stehen muss.
Wagenknecht stellt nicht verhandelbare Forderungen auf. Jeder weiß, dass sie nicht durchzusetzen sind. Aber egal. Hauptsache Opposition.
Raus aus der NATO, rein in den Frieden, und zwar weltweit. Wagenknecht fordert ein „Ende aller deutschen Kriegsbeteiligungen.“ Die eiskalte Kommunistin will alle deutschen Soldaten nachhause holen. „Noch mehr Krieg und noch mehr Bomben“ brauche die Welt nicht. Kann sein. Sie nennt das verantwortungsvoll. Und an die potentiellen Koalitionspartner SPD und die Grünen gerichtet: „Wenn Ihr wieder zu einer verantwortungsvollen und verlässlichen Außenpolitik zurückfindet, dann könnt Ihr Euch gern bei uns wieder melden.“ In the face.
Die Linke – oder: intellektuelle Zwangsräumung
Grauenhaft, die ganzen letzten Jahre. Immer diese ekelhafte neoliberale Politik. Das ist ihr Lieblingswort: „neoliberal“. Sie benutzt es x mal. Sie meint explizit auch die Grünen und die SPD, wenn sie von neoliberaler Politik spricht. Das ist unglaublich. Aber das Volk grölt in der Halle. Sie schert alle demokratischen Gegner über einen Kamm. Das Vokabular ist etwas modifiziert, aber Wagenknecht beherrscht die AfD-Klaviatur: „Das ist ein Armutszeugnis für die ganze Politik, die da gemacht wurde und für all die Parteien, die dafür verantwortlich sind. Das ist doch eine Schande.“ Die „ganze Politik“, „all die Parteien“ und „Schande“. Es ist eine intellektuelle Zwangsräumung, dem sich das linke Parteivolk da unterzieht.
„Wir stehen auch nach der Wahl zu dem, was wir vor der Wahl gesagt haben.“ Und wenn es die anderen Parteien auch so hielten, dann stünde es besser „um die Demokratie in diesem Land“.
CDU/CSU oder SPD oder Grüne oder FDP: alles die selbe Mischpoke. „Politikwechsel heißt nicht Raute oder Zottelbart,“ sagt sie und grinst sie in den Saal. Das kann noch als (wenn auch wenig kreative) Polemik im Wahlkampf durchgehen. Selbstverständlich auch, dass politische Gegner kritisiert werden. Sie verkauft das Publikum für dumm, und dann wird sie gefährlich. Sie will, dass Politik so gemacht wird, wie sie es diktiert. Beste Grüße von der AfD, die machen es genau so. Wagenknecht: „Und wenn wir dafür (unsere Forderungen, d.Red) Partner haben, dann wollen wir auch regieren. Das ist doch völlig klar. Das ist doch unsere Position.“ Sie erklärt ihre Positionen zu einer conditio sine qua non. Vogel, friss – oder verrecke doch einfach. Wer nicht macht, was sie will, soll sie gefälligst in Ruhe lassen.
Regierungsunfähig sind nur die anderen
Das Gerede über eine angebliche „Regierungunfähigkeit“ der „Linken“ regt sich richtig auf. Regierungsunfähig, sagt sie, seien Parteien, die eine unfähige Regierung bildeten. Nämlich dann, wenn sie unfähig seien, eine Politik im Interesse „der großen Mehrheit der Menschen zu machen.“ Und dann, ganz in rechter AfD-Manier: „Parteien, die so unfähige Regierungen gebildet haben, haben wir in diesem Land genug und die Linke gehört nicht dazu.“ Alle sind richtig Scheiße, nur die „Linke“ nicht. Sie ist das Volk. Zur Erinnerung: aktuelle Umfragen sehen die AfD bei 8% und die „Linke“ bei 9%. Die große Mehrheit der Menschen will also von der Linken und der AfD nichts wissen. Wagenknecht in perfekter Agitprop-Manier.
Schließlich die Außenpolitik. Kein Wort zum Überfall Russlands auf die Krim. Kein Wort zu Verletzungen von Menschenrechten; weder in der Volksrepublik China noch in Putins Reich. Ganz im Gegenteil: im Programm wird gefordert, die „Nato-Infrastruktur in Deutschland für den Aufmarsch gegen Russland“ (sic!) zu beseitigen. An allem schuld ist die Kanzlerin. Wagenknecht: „Im Verhältnis zu Russland hat sie auf eine Konfrontation umgeschwenkt.“ Die linke Demagogin sieht den „Weltfrieden elementar gefährdet“. Die „Beteiligung Deutschlands am Bombenterror…“ habe „inzwischen auch Deutschland zur Zielscheibe islamistischer Terroranschläge gemacht.“ Merkels Politik habe „diese Welt immer unsicherer macht und unser Leben immer mehr gefährdet.“ Alleine verantwortlich für das Erstarken der Nazis, der AfD und der Pegidas sind natürlich alle Parteien – außer der SED-Nachfolgerin, das versteht sich von selbst. O-Ton Wagenknecht: „Der Neoliberalismus gebiert die Ungeheuer am rechten Rand.“ Schuld sind immer die Anderen. Verantwortung übernehmen: Fehlanzeige.
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