Der 27. Januar mahnt täglich © Tom Rübenach

27. Januar | Gegen das Vergessen der AfD

Erinnerungskultur, Gedenken, Mahnung am 27. Januar: die Worte sind nicht so wichtig. Handeln ist gefragt. Empörung alleine reicht nicht, um gegen die ungeheuerliche Aggression von AfD und Konsorten etwas auszurichten. Überzeugung ist gefragt und Klartext. Selbst aggressiv zu werden ist nachvollziehbar, aber es bringt nichts.

TS|BN 26. Januar 2018 Gestern im Deutschlandfunk ein Kommentar, treffend und eindeutig: Nach den Berichten aus Cottbus, so die Redakteurin, versuchten Rechte „aus einzelnen Gewalttaten von Flüchtlingen ihr trübes Süppchen zu kochen.“ In der zweitgrößten Stadt in Brandenburg hatten sich Rechte und Rechtsextreme zusammengerottet. „Bündnis Heimat“ nennt sich die Gruppe, die sich vor einer „Überfremdung“ fürchtet. Wäre es nicht so gefährlich, man müsste lachen. Die Stadt hat etwa 100.000 Einwohner. Der Anteil von Flüchtlingen, Ausländern oder Asylbewerbern liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.

Trotzdem trifft sich eine vulgäre Masse von 1500 Leuten, vereint und tumb gegen „das Fremde“. Darunter mögen manche sein, die sich (friedlich) Sorgen machen. Aber das sind, um es im AfD-Jargon auszudrücken, „Einzelfälle“. Die viel zitierten „besorgten Bürger“ sind oftmals rechte Spießbürger, die für Akzeptanz ihrer politischen Meinung falsche Tatsachen vorspielen. Das konnte man in Cottbus besichtigen und hören. Unter denen, für die Heimat nur gilt, wenn sie deutsch ist und weiß und vermeintlich christlich: die Landtagsabgeordnete Bessin von der rechtsradikalen AfD. Sie kümmerte sich einen feuchten Kehricht, als Journalisten herumgeschubst und auf Übelste beleidigt wurden.  Sowas stört Leute nicht, die mit unserer liberalen Demokratie eh nichts anfangen können.

Der 27. Januar war das Ende eines Anfangs

27. Januar: Antisemitismus und Rassismus sind Geschwister © tuDom
Antisemitismus und Rassismus sind Geschwister © zwozwo8

Eine Kollegin der „Lausitzer Rundschau“ erläuterte dieser Tage in einem Radiointerview, wie sich die Lage in Cottbus zugespitzt habe. Sie spricht von 150 bis 200 „Rechtsradikalen“ dort. Und natürlich auch vom „Bündnis Heimat“. Und dann sagt sie: „Und was da dann auf die Straße geht, das sind nicht alles AfD-Wähler, sondern das sind auch viele verängstigte, unsichere Bürger.“ Da ist es wieder. Das seien nicht alles AfD-Wähler, keinesfalls alle Nazis. Das sind doch bloß Leute, so ist allenthalben zu vernehmen, die sich Sorgen machen. Man hat sie vergessenen und übersehenen, aber jetzt sind ja die guten Nazis da. Die kümmern sich.

Gemeinsam mit der sog. AfD machen sie gemeinsame Rassensache. Diese Leute würden sich nicht nur gegen eine Moschee, sondern auch gegen eine Synagoge zur Wehr setzen. Aber das macht sie, – Gott bewahre! – nicht alle gleich zu Nazis oder AfD-Sympathisanten! Sie haben lediglich ein paar kleine Probleme: Flüchtlinge, Ausländer, Juden, Schwule. Die Selbstgerechten haben ihre Führer gefunden. „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“

Jeder Unterdrückung wohnt Intoleranz inne

Darf man alles, auch am Vorabend des 27. Januar. Bei uns herrscht das Recht auf freien Meinungsäußerung. Es gilt für alle, auch für Nazis und Linksextremisten. Sagen, schreiben, schreien: all das dürfen die Besorgten und Agitatoren aller Länder. Der ausgelutschte Satz „Wehret den Anfängen“ sollte eine Neuformulierung erfahren, damit er endlich wieder verstanden wird. Was wir am 27. Januar begehen ist der Tag der Befreiung von Auschwitz. Diese Befreiung hatte allerdings einen Ursprung.

Jeder Unterdrückung wohnt Intoleranz und Illiberalität inne. Bei Hitler und den damaligen Nazis war es der Hass auf alles, was „anders“ war als die reinrassige Mehrheit. Heute sind es Flüchtlinge, die alles zurücklassen: ihre Familien, ihre Freunde, ihr Hab und Gut, ihre Sprache, ihre Kultur. Ach ja, auch Schwule gehören dazu und Punks und eigentlich alle, die nicht dem eigenen Spießbürgertum frönen.

Bis zu neuen Judensternen und rosa Winkeln

Die meisten Parteien nehmen ohne Verstand jedes rechtsradikale Geschrei auf. Sie untersuchen und sezieren es. Jedenfalls, wenn es sich um „das Flüchtlingsproblem“ handelt. Sie schreiben Wahlprogramme um die AfD herum statt eigene Akzente zu setzen. Bayerns CSU macht das am deutlichsten. Abgesehen davon, dass es ihr nicht die absolute Mehrheit im Herbst beschweren wird: AfD und andere Rechtsradikale diktieren den demokratischen Diskurs. Die Demokratiefeinde erreichen nicht nur „Besorgte“ oder kahlköpfige Schreihälse.

Sie sind längst in den Hirnen und Schreibstuben derer angekommen, die jene eigentlich bekämpfen sollten. Das ist fatal. Denn es führt zu einer konkreten historischen Parallele aus den Anfangszeiten der NSDAP. Hitler attackierte die Etablierten, die Ausländer, die nicht reinrassig Deutschen. Er gab allen die Schuld am bevorstehenden Untergang und zelebrierte sich selbst und die Nazis als einzig mögliche Retter.

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AfD-Agitation: Flüchtlinge, Bürgerkrieg, Diktatur | Foto und Grafik © zwozwo8

So machen es weite Teile der AfD auch heute. Sie setzen ihrer Agitation lediglich andere Begriffe zu. Worte wie Integration oder „Wirtschaftsmigration“ gab es damals im politischen Diskurs nicht. Die Diktion indes bleibt. Es ist die Continuatio des Terrors, denn der drückt sich keinesfalls nur in Bombenanschlägen aus. Die AfD und die Nazis beherrschen den Terror. Sie klimpern auf dessen Klaviatur so lange herum, bis es die Leute mit der Angst zu tun bekommen. Und dann schwingen sich zu Anwälten der „Abgehängten“ auf.

Kalt lächelnd leugnen sie sogar die Shoah

Sie mobben, kalt lächelnd, die eigenen Parteileute so lange, bis sie das Handtuch werfen. Das alles schadet ihnen nicht, weil sie ihr dissonantes Klavierspiel perfekt beherrschen. Man muss die AfD zuende denken, um deren Gefährlichkeit zu begreifen: Der und die gehört nicht zu uns. Schwule lassen wir mal zählen. Islamhass generiert Mobilisierung. Das Establishment zerstört das Volk. Schwarze will man nicht als Nachbarn haben. Der Holocaust wird geleugnet. Alles wird versteckt hinter der Fratze von Bürgerlichkeit und Besorgnis für „das Volk„.

Von hier aus ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Produktion von Judensternen und rosa Winkeln. Deshalb bedeutet der 27. Januar nicht nur Erinnerung an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz. Er ist zudem ein Tag, an dem wir an etwas anderes erinnert werden: nie zu vergessen, das die AfD und ihre Schergen alles tun werden, dass wir diesen Tag und seine dazugehörige Geschichte vergessen sollen.

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