Gefährliches Spiel: Orbán, Höcke, CSU © Tom Rübenach

Gefährliches Spiel | Orban, Höcke, CSU

TS|BN 8. Januar 2018 Da wird ein gefährliches Spiel gespielt in Europa, weithin sichtbar: es ist das braune Spiel. Nicht, dass die Nazis kurz davor wären, die Herrschaft zu übernehmen. Das ist nicht der Fall. Aber matschiges Unbehagen muss beschleichen, wer die liberale Demokratie sein Weltbild nennt.

Corporate colour lila – Inhalt: bräunlich

Die einen veranstalten das Dreikönigstreffen. Sie rechtfertigen sich für einen Schaukampf, der von Anfang an Richtung Scheitern inszeniert war. Die sogenannten Liberalen ließen die Jamaika-Gespräche platzen. Später schusterten sie das Scheitern Frau Merkel zu. Dabei gibt es Leute, die wissen wollen: von Anfang an waren die Gespräche nicht ernsthaft geführt worden. Regieren wollte die FDP nicht. „Lieber nicht als schlecht regieren“, sagte FDP-Chef Lindner. In Wirklichkeit sind sie gar nicht in der Lage dazu. Jedenfalls nicht im Bund.

FDP: Globalisierung für Konzerne und Reiche, nicht für Flüchtlinge
Globalisierung für Konzerne, nicht für Flüchtlinge

Stattdessen versucht die One-Man-Show, sich rechts von der Union weitere potentielle Wähler zu sichern. Das konnte wissen, wer wollte. Denn bereits vor der Bundestagswahl machte Lindner klar, was er vom Recht auf politisches Asyl hält: „Es gibt kein Menschenrecht, sich seinen Standort auf der Welt selbst auszusuchen.“ Ach so. Wenn es um globale Niederlassungen finanzstarker Konzerne geht, scheint das kein Problem für die FDP zu sein. Bei Flüchtlingen sieht sie eins. Globalisierung à la „Liberale“. Die links-liberale Tageszeitung taz hat Lindner auf brillante Weise demaskiert. Sie schrieb:

„…wissen wir jetzt, wer Christian Lindner ist, ein plastik-Politiker. Er verpackt das politische Leben in Slogans und Auftritte, noch ehe er es gelebt hat. Kampagnen sind nicht nur das Mittel dieser Partei, sie sind ihr Kern.

Orbán bei der CSU

Sich selbst bezeichnet der ungarische Führer Orbán selbst als „illiberal“. Man könnte meinen, dass sei das Gegenteil der FDP. Mitnichten. Gewiss, es gibt zum Teil deutliche Unterscheide zwischen Orbán und Lindner. Was ihnen gemeinsam ist: das Motto „Flüchtlinge wieder nachhause“. So deutlich wie der Ungar sagt der lila angestrichene „Liberale“ Lindner es nicht. Es gibt indes Übereinstimmungen. Der eine spricht sich gegen Bewegungsfreiheit von Unterdrückten und Verfolgten aus. Selbst, wenn in deren Herkunftsland brutaler Hunger herrscht, sollen die Leute wieder nachhause. Um dann dort zu sterben?

Orbán drückt es noch brutaler aus. Für ihn sind Flüchtlinge „muslimische Invasoren“ und eben keine Flüchtlinge. Man muss solche Texte immer und immer wieder auf der Zunge zergehen lassen. Die Bilder aus Syrien vor Augen, zerstörte Städte, ermordete Kinder, verzweifelte Mütter: die Überlebenden flüchten – und sind „Invasoren“. Es soll zu keiner „Durchmischung“ von Völkern kommen. Keine Christen, Muslime und auch keine Juden in einem Land. Wer beobachtet, wie Orbán gegen George Soros agitiert, dem muss Angst und Bange werden. Ekelhaft offen spielt der einstige Reformer Orbán skrupellos mit antisemitischen Ressentiments.

Die Sprache des Hasses: Orbán bei der CSU
Die Sprache des Hasses: Orbán

So ein Agitator ist kein liberaler Demokrat; aber das hatten wir ja schon. Nicht einmal ein Demokrat ist jemand, der systematisch Gegner politisch auszulöschen versucht. Das gilt nicht nur für die Zeitung „Népszabadság„, die er im Oktober 2016 schließen ließ – durch Strohmänner , die ihm wohl gesonnen sind. Durch mehrere gesetzliche Änderungen zerdrückt er sukzessiv die Möglichkeiten der politischen Opposition. Beim ungarischen Fernsehen von einer Gleichschaltung zu sprechen, wäre zu hart. Aber die Richtung ist eingeschlagen. Regelmäßige „Frage-und-Antwort“-Spiele mit Orbán im Fernsehen manipulieren vor allem die einfachen Leute in ländlichen Gebieten des Landes zu seinen Gunsten. Und so jemanden lädt die Christlich Soziale Union ernsthaft zu einer Klausurtagung ein.

CSAfD? Seehofers und Söders gefährliches Spiel

Die Einladung stand schon lange. Orbán schlug vor wenigen Tagen bei den bayrischen Freunden in Seeon auf. Die jährliches Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten fand dieses Jahr auf neuem Terrain statt. So passte der Gast ganz gut. Denn das war ebenfalls neu. Ein hetzender, antisemitischer Ministerpräsident konnte wild um sich schlagen und hatte den Segen der CSU. In Wortwahl und Diktion unterscheidet sich Orbán kaum von der AfD. Überfremdung, Invasion, christliches Abendland, Islamisierung: das alles sind Vokabeln, die er ebenso nutzt. Wider und wieder. Und so einen lädt die CSU ein? Warum tut sie das?

Die langen und freundschaftlichen Bindungen zwischen Bayern und Ungarn können nicht der Grund gewesen sein. Zur Pflege zwischenstaatlicher Beziehungen gibt es regierungsamtliche Ebenen. Es ist vielmehr die Nähe in der Flüchtlingsfrage, die die CSU zu diesem Schritt bewogen haben muss: „Obergrenze“, „konservative Wende“, „christliche Werte“ sind allesamt Begriffe, die Orbán auch benutzt. Der gescheiterte Verkehrsminister Dobrindt, jetzt Chef der CSU-Landesgruppe in Berlin, haut ebenfalls drauf. Es müsse eine „konservative Wende“ her, poltert er. Und wenn selbst der als eher liberal eingeschätzte CSU-Mann Weber auf den Putz haut, wird das Spiel ganz gefährlich. Weber, Europaabgeordneter, sprach von der „finalen Lösung der Flüchtlingsfrage“. Und das bezeichnete er als das „zentrale europäische Thema“ für 2018. Später entschuldigte er sich für diese Wortwahl, die doch zu sehr als die „Endlösung der Judenfrage“ erinnerte. Aber das ist auch die „Methode AfD“: zuerst mit ungeheuren Provokationen jede Grenze überschreiten, um dann zurückzurudern.CSU-Mann Weber vergaloppiert sich

Weber ist immerhin ein Typ, dem man seine Entschuldigung für diesen Tweet abnimmt. Ein brauner Beigeschmack bleibt dennoch. Zu verräterisch war dieses herausposaunte Wort. Und in der politischen Auseinandersetzung bleibt er bei dem, was er zuvor anders formuliert hat. Er spricht von „illegaler Migration“, die es zu stoppen gelte. Was aber die genau bedeutet, lässt er offen. Es sind Inhalt, Sprache und Diktion der Rechten in unterschiedlichen Parteien, die eine gefährliche Melange geben. Niemand bestreitet, dass es zur globalen Migration intelligente Lösungen geben muss. Human indes müssen sie bleiben. Wenn nicht, wir so ein Spiel, das Orbán und die CSU gemeinsam spielen, mehr als gefährlich. Und die lachende Dritte wird die rechtsradikale AfD sein. Das ist der Maßstab in diesen Zeiten.

Wenn der Duktus in wichtigen politischen Fragen zwischen Höcke, Orbán und der gesamten CSU kaum noch zu unterscheiden ist, stimmt etwas nicht mehr. Das gilt auch für die Mitgliedschaft von Orbáns FIDESZ in der Gruppe der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. EVP-Vorsitzender ist jener Manfred Weber mit dem „finale Lösung“-Tweet. Ein gefährliches Spiel wird gespielt, mit der CSU in einer der Hauptrollen. Wenn Orbán eingeladen wird und die Sprache der AfD hoffähig: dann ist es hohe Zeit, eine Demarkationslinie einzurichten. Die zwischen Demokratie und Rassismus.

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