Enthemmte Zerstörer | Seehofer, Söder und die CSU
Was derzeit von Seehofer, Söder und Konsorten vorgeführt wird, ist blanker Zynismus. Von der kurzen Rede des Parlamentspräsidenten Schäuble diese Woche dürfen auch sie sich getrost angesprochen fühlen. Die AfD war gemeint, die CSU indes liegt auf der selben Wellenlänge.
TS|BN 16. Juni 2018 Die „Herrschaft des Unrechts“: das ist das, was in Russland tagtäglich praktiziert wird. Das ist jenes Land, das gerade die WM ausrichtet. Von einer Organisation durchgeführt, die in den Augen vieler der Mafia in nichts nachsteht. Eine Herrschaft des Unrechts gibt es ebenso in der Volksrepublik China. Es ist nur wenige Tage her, da haben wir den 29. Jahrestag des „Tiananmen Massakers“ begangen. Unrechtsherrschaft, das kann jede/r ebenso in Nordkorea besichtigen (der rein darf) oder in der Demokratischen Republik Kongo. Die Liste ließe sich selbstverständlich beliebig fortsetzen.
Enthemmter Zerstörer: Seehofer und das „Unrecht“
Diese Beschreibung ist nackter Zynismus. Es war kein Ausrutscher. Es ist brutal. Die Wortwahl indes ist Teil der Inszenierung. Die CSU in Bayern will Deutschland und das gesamte Parteiensystem weit nach rechts rücken. Die Methode ist durchsichtig: zunächst wird ein Zustand komplett falsch beschrieben. Denn selbst, wenn in einem oder gar mehreren Kontexten Problem auftauchen oder Fehlentscheidungen getroffen würden, bedeutet dies keineswegs eine „Herrschaft“ des Unrechts. Das gilt ebenso, wenn es Auswüchse gäbe oder gibt. Dennoch hat der CSU-Führer diesen Begriff bis heute nie zurückgenommen. Schlimmer: er und mit ihm die ganze CSU bestehen darauf, dass es immer noch so sei. In einer Diktatur ist das Unrecht System; in einem Rechtsstaat wie Deutschland ist das Unrecht die Ausnahme. Dieses Unrecht kann demokratisch korrigiert werden.
Gäbe es tatsächlich eine „Herrschaft des Unrechts“, der sogenannte „Heimatminister“ dürfte seine Kritik überhaupt nicht äußern.
Ähnlich geht der Bayern-Führer Söder vor. Die Leute, so ballert er in fast jedem Interview, wollten „endlich“ Lösungen. Sie könnten „einfach nicht verstehen“, warum „immer nur geredet“ würde. Die Methode ist ähnlich. Hier ist es die der Lüge, denn das, was gesagt wird, entspricht ebenso wenig der Wahrheit. Mag sein, dass es inzwischen viele Leute gibt, denen die Politikmühle zu langsam mahlt. Sie mögen häufig richtig damit liegen. Auch ich bin oft ungeduldig und frage mich, warum klare Fragen nur extrem umständlich beantwortet werden. Und warum Lösungen so derart lange dauern müssen. Um Missverständnissen vorzubeugen: nichts wird falsch, nur weil jemand Themen der Radikalen und Extremisten aufgreift; auch der politische Diskurs nicht. Dennoch wird es gefährlich, wenn Söder und Seehofer so tun, als ob auch sie mit diesem System eigentlich nichts am Hut hätten.
Der Manipulator: Söder und sein „Asyltourismus“
Die CSU und ihre Einpeitscher Söder, Seehofer, Dobrinth: alle haben sie durch ihre Partei Mitverantwortung für den Status Quo. Sie sitzen, mit Frau Merkel, seit dreizehn Jahren gemeinsam im Regierungsboot; auch in Berlin. Seehofer hatte 2015/16 monatelang angekündigt, gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung in Karlsruhe zu klagen. Nichts ist geschehen. Stattdessen quollen Hetze, Häme und Hass der „Schwesterpartei“ Richtung Kanzleramt. Söder tut es seinem Opfer Seehofer nach. Seit er Ministerpräsident ist, ist er ähnlich abstoßend in seinem sprachlichen Duktus wie AfD-Führer Gauweiler (den nicht wenige nur noch „Gauleiter“ nennen). Wie jener spricht Söder eine ganz einfache Sprache. Ruhig setzt er seine Punkte. Nicht selten packt er ein Verständnis insinuierendes Lächeln dazu: inszenierte Heuchelei.
Aber wer und wie muss man sein, wenn man im Zusammenhang von Flucht, Vertreibung, Vergewaltigung, Krieg und Toten von „Asyltourismus“ spricht? Das ist ihm nicht einfach herausgerutscht. Das hat er in den vergangenen Tag wieder und wieder getan. Immer wieder der selbe widerliche Ausdruck. „Tourismus„, das bedeutet Urlaub, Entspannung, Freizeit. Und diesen Begriff wählt Söder. Er wählt ihn für Menschen auf der Flucht. Für die, die ein besseres, sicheres, freieres Leben wollen. Weil bei ihnen zuhause Krieg herrscht. Oder weil sie in den Gefängnissen jener Unrechtsstaaten landen, die Seehofer mit Deutschland vergleicht. Es ist ein überaus riskantes Spiel, das die CSU-Rechten da spielen. Und ein unwürdiges dazu.
CSU: nur 6,1 % bei der Bundestagswahl
Dobrinth, gewiss der unintelligenteste dieser rechter Troika, steuert von Berlin aus die Kampagne. Sie soll die AfD im Freistaat bei den Landtagswahlen im Oktober klein halten. Es wird nicht gelingen. Wer sich mit Extremisten gemein macht, wird auf die Nase fallen. Das aber schert die CSU-Leute in ihrer Mehrheit nicht. Sie laden sogar, fröhlich grienend, den illiberalen Orbán zu sich nachhause ein. Die CSU muss man langsam, aber sicher ebenso zuende denken wie die AfD. Nicht, dass die CSU ein rechtes Terrorregime zum Ziel hätte; allein der Gedanke ist absurd. Aber diese klitzekleine Partei aus Bayern hat bei der Bundestagswahl gerade einmal 6,1 Prozent der Zweitstimmen bekommen. Sie führt sich indes auf wie eine Partei, die in ganz Deutschland die absolute Mehrheit besäße: „Wir sind das Volk!“. Die AfD lässt grüßen.
Es ist zu hoffen, dass die CDU die Kraft finden wird, sich aus der rechten Umklammerung der CSU zu lösen.
Die CSU hat die wenigsten Zweitstimmen aller im Bundestag vertretenen Partei errungen. Sie führt sich unterdessen auf wie ein braun gewordener Stier. Gleich, wie die Auseinandersetzung zwischen CSU und CDU ausgehen wird. Beide Parteien werden sich verändert haben. Es ist zu hoffen, dass die CDU die Kraft finden wird, sich aus der rechten Umklammerung der CSU zu lösen. Deutschland braucht eine wirklich liberale Partei, ökologisch ausgerichtet und fokussiert auf eine echte europäische Einigung. Mit der CSU – allerdings auch mit der FDP – wird das in absehbarer Zeit nicht möglich sein.
CSU: Zerstörer demokratischen Konsenses
Was die CSU nun bereits seit Jahren abzieht, das hat mit einer offenen und ehrlichen Auseinandersetzung nichts mehr zu tun. Es ist keine Konstruktion in ihrer politischen Rhetorik erkennbar. Die CSU zerstört. Sie bewegt sich nach rechts; wie weit außen sie landen wird, ist nicht absehbar.
Sprache, Duktus, Personen: die bayerische Union hat nichts mit dem „christlichen Abendland“ zu tun, das zu verteidigen sie vorgibt. Sie agitiert, manipuliert, verletzt. Es ist Enthemmung, die den demokratischen Konsens zerstört. Man wünscht ihr, dass sie für ihr unanständiges, bis ins Rassistische hineinreichende Verhalten bei den Wahlen im Herbst eine satte Rechnung präsentiert bekommt.
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