Zaun © Falcon, pixabay

Staatssicherheit | Die Verantwortung der „Linken“

In diesen Tagen vor 71 Jahren wurde die Staatssicherheit der DDR gegründet. Genau am 8. Februar 1950. Damals war ich noch nicht auf der Welt, und doch sollte diese Krake versuchen, auch mich später unter ihre rücksichtslosen Fittiche zu nehmen. Ich habe darunter kaum gelitten, war ich doch ein freier Mensch aus dem Westen Deutschlands und hatte kaum etwas zu befürchten. Anders erging es meinen Freunden, die im Ostteil Berlins lebten: den Freiheitskämpfern und Bürgerrechtlern ihrer Zeit.

Der damalige Präsident der DDR (übrigens der einzige, den die Diktatur je hatte), Wilhelm Pieck, verkündete das Stasigesetz damals, und dadurch erlangte es Gesetzeskraft. Auch auf diesem Hintergrund ist es kaum nachvollziehbar, wie viele Leute sich dagegen wehrten – und es immer noch tun -, dass nach Pieck benannte Straßen umbenannt werden. Das prominenteste Beispiel dieser „Auseinandersetzung“ nach der friedlichen Revolution spielte sich in Berlin ab.

Staatssicherheit und Wilhelm-Pieck-Straßen allüberall

Die heutige Torstraße in Berlin wurde im Juli 1994 von Wilhelm-Pieck-Straße in Torstraße umbenannt. Das gefiel vor allem jenen nicht, die diesen Namen mit ihren eigenen positiven Erinnerungen an einen gescheiterten Staat verbanden. Selbst jene, die dem System nicht unbedingt nahestanden, wollten diese Umbenennung nicht. Pieck sei „Teil der DDR-Geschichte“ und deshalb müsse der Straßenname beibehalten werden. So argumentierten sie damals.

Geschäftsleute, ganz und gar kapitalistisch gesinnt, waren dagegen, weil sie womöglich ihre Briefbögen und Visitenkarten ändern mussten. Einem Optiker schwebte gar der Tod seiner beruflichen Existenz vor Augen. Aber geht man heute durch die Torstraße, kann man sich dort chicke und teure Brillen fertigen lassen. 

Das war eine frivole Melange aus Alt-Kommunisten und Kapitalismus-Jüngern in dieser Zeit. Die Staatssicherheit und das, was sie an Zerstörung für die Leute gebracht hatte, spielte keine Rolle in der Diskussion. Eher die 10.000 D-Mark, die die neuen Schilder kosteten. Um beruhigend auf die Umbenennungs-Gegner zu wirken, wurde der alte Name der Straße zunächst nur überklebt. So konnten sich die Freunde der SED-Diktatur noch eine Weile am Präsidenten der Staatssicherheit laben.

Zwangs-Vereinigung und Staatssicherheit

Pieck stand indes nicht nur für seine Unterschrift unter das Gesetz über die Staatssicherheit. Er war auch maßgeblich an der Zwangs-Vereinigung von Kommunistischer Partei und SPD beteiligt. Es lohnt sich, diesen weithin unbekannten Teil der DDR-Unterdrückung hier nachzulesen. Immerhin war der bis 1960 amtierende Pieck einer der brutalsten Apparatschiks seiner Zeit, was die Auswirkungen seiner Politik betraf. Trotz dieser „Lebensleistung“ existieren immer noch Straßennamen, die diesen Diktator ehren. In Ostdeutschland sind sie unter anderem in Lampertswalde oder in Cottbus oder in Dutzenden weitere Ortschaften. Wer nach einer Pilgerstätte sucht, um den Verantwortlichen für die Staatssicherheit zu huldigen, dürfte hier fündig werden.

Das ist der zweifelhafte Umgang heutiger Parteien und Politiker mit der DDR-Staatssicherheit, der sie unglaubwürdig sein lässt. Auch die sogenannte „Linke“ hat sich bis heute lediglich verbal vom Unrecht der DDR-Diktatur distanziert. Offene Fragen nach Milliarden von Vermögen läßt sie für viele bis heute völlig unbeantwortet. Was wäre das für eine glaubhafte Distanzierung, gäbe die „Linke“ alles SED-Vermögen an diejenigen weiter, die unter der Diktatur gelitten haben!

Hände auf der Berliner Mauer | Foto © Bounty, pixabay
Hände auf der Berliner Mauer | Foto © Bounty, pixabay

Die „Linke“ als Nachfolgerin der SED

Rhetorisch geschulte und in Dialektik geübte Zeit-Genossen winken ab, verharmlosen oder ironisieren gar die Tatsache, dass die heute „Linkspartei“ immer noch in der (Rechts)Nachfolge der Diktatur-Partei SED steht. Das sei so lange her. Das habe heute keine konkrete Bedeutung. Das sei Schnee von gestern. So die gängigen Abwehrmuster einer Partei, die sich – mit wenigen Wahl-Prozenten in Deutschland – stets als die soziale Stimme des Landes aufspielt.

Wenn es um soziale und politische Gerechtigkeit – und um Wiedergutmachung – für die Opfer der SED-Diktatur geht, macht sich beredtes Schweigen breit. Die Partei, die der SED nachgefolgt ist und sich nie wieder neu gegründet hat: Sie schweigt zum Terror der Staatssicherheit. Jedenfalls hat sie bis zum heutigen Tag nichts unternommen, um konkrete Buße zu tun gegenüber jenen, die bis heute leiden. Oder die Nachteile erleiden müssen, weil sie während der Diktatur nicht auf der Seite der SED standen. Und heute mit einer Minimalrente über die Runden kommen müssen, anders als die Stasi-Leute, die ihre reguläre Rente beziehen.

Die sogenannte „Linke“ trägt Verantwortung. Solange sie, die lediglich ihren Namen geändert, sich aber nie vollständig von der SED gelöst hat, keine tätige Reue leistet, bleibt sie unglaubwürdig.

Die Staatssicherheit und ihre Opfer

Dieses Monster, die Stasi, war nicht „nur“ ein Nachrichtendienst. Sie war die Geheimpolizei der Unterdrücker. Die Staatspartei SED (deren Rechtsnachfolge die sogenannte „Linke“ angetreten hat) bediente sich dieser Stasi. „Schild und Schwert der Partei“ – so wurde die Staatssicherheit genannt. Über 90.000 Leute spitzelten im Hauptberuf für diese Partei. Nahezu 200.000 arbeiteten als sogenannte „Inoffizielle Mitarbeiter“ für die Stasi. Zusätzlich gab es das Wachregiment „Feliks Dzierzynski“; es gehörte ebenfalls zur Krake: Ihm unterstanden noch bis zum Fall der Mauer 11.000 Soldaten.

Die Täter der Stasi horchten andere aus, brachten Gegner des Regimes hinter Gitter (oder sorgten dafür) und schufen eine Atmosphäre der Angst und des gegenseitigen Misstrauens. Die gegen die SED-Diktatur eintraten, wurden Opfer von Zersetzung, ständiger Beobachtung und Einschüchterung.

Stasi-Gefängnis | Foto © Falcon, pixabay
Blick ins Stasi-Gefängnis | Foto © Falcon, pixabay

Bis heute gibt es die Verfechter der Unterdrückung. So antwortete mir ein Nutzer (Name bekannt) bei Facebook: „keiner braucht euch. ihr solltet euch gehorsamst auflösen“. Ich hatte mich dort zur Stasi-Unterlagenbehörde geäußert. Dieser selbst ernannte Impfgegner betreibt eine eigene Homepage, die indes nur mit Passwort gelesen werden kann. Ihr Kopf ziert das alte DDR-Emblem, mit Hammer und Sichel.

Die sogenannte „Linke“ sollte sich darum kümmern, dass auch mit ihrem Namen nicht länger Unterdrückung in der DDR, die Untaten des Staatssicherheitsdienstes und deren Rechtfertigung verbunden sein können. Das geht nur durch tätige Reue. Sonst durch nichts.

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