Ein Mann geht im Dunkeln an der Berliner Mauer entlang. Er ist nicht zu erkennen. Photo © Achim P. – pixabay

Die Mauer | Das totale Scheitern

Die Mauer, vor 60 Jahren errichtet, war ein grandioses Eingeständnis eigenen Scheiterns. Die Diktatoren in der DDR – deren Rechtsnachfolger sich heute „Die Linke“ nennen – wussten sich nicht anders zu helfen, als die eigene Bevölkerung einzusperren.

Die Mauer – Synonym nackter Angst der Unterdrücker

Die Mauer war  – und ist – steinerner Beweis für die nackte Angst der Diktatoren, deren Völker ihnen nicht glauben. Viele feige, brutale Unterdrücker pflastern den blutigen Weg durch die Geschichte. Nein, das ist kein Pathos. Das ist die Wirklichkeit der Gegenwart und der Vergangenheit. Die DDR war ein antidemokratischer Imperativ; die Staatspartei SED deren willige Vollstreckerin.

Eine Mauer hat auch der ungarische Antidemokrat Orbán bauen lassen. Sie besteht aus vernichteten Zeitungen und anderen Medien. Sie ist aus Hass gegen alle möglichen Minderheiten gebaut und auch aus ekelhaftem Antisemitismus. Die ganze polnische Regierung, auferstanden aus den Ruinen einer anderen Diktatur, ist auf dem schlechtesten Weg, es ihr gleichzutun – wenn Europa sie nicht aufhält.

Die chinesische Mauer scheint nur jene architektonische Glanzleistung zu sein, die von Touristen aus aller Herren Länder besucht wird. In Wirklichkeit haben die Kommunisten des zynisch „Volksrepublik“ genannten Regimes in Peking auch den kleinsten Hauch an Freiheit brutal unterdrückt. Sie werden es weiterhin tun und ihrem ständig grinsenden Führer huldigen.

Die Mauer – und Ochs und Esel

„Der Begriff
Unrechtsstaat
passt nicht zur
DDR

Gregor Gysi – letzter Vorsitzender der SED in der DDR und heute führender „Linke“-Politiker im DLF am 13. August 2021

Sie ahnen, dass ihre Mauer wie Staub zerbröselte, sollten sie sie wieder abbauen. Bildlich konnte man das 1989 erleben. Die Mauer zerfiel noch schneller als sie gebaut wurde. Die Unterdrücker hatten keine Chance. Nicht Esel haben den Sozialismus aufgehalten, noch der Ochs. Die Menschen wollten ihn nicht, weil er viele Leben zerstört hatte. 

Und in China, auf dem sogenannten „Platz des Himmlischen Friedens“? Dort haben die Diktatoren Tausende Menschen einfach abgeknallt. Wie Ochsen und Esel. So viel Angst haben sie – noch heute –, dass sie es jederzeit wieder täten.

Warum ist das heute wichtig, warum noch von Bedeutung? Die Antwort ist einfach. Es geht um Demokratie, Freiheit, Selbstbestimmung auf der einen – und Diktatur, Unterdrückung und systematisches Unrecht auf der anderen Seite. Es geht um Gefängnisse, Umerziehungslager, Folter; um Morde und milliardenschwere Geschäfte von Diktatoren rund um die Welt. 

„Feindlich-Negative Kräfte“ –

Nichts für Leute wie Gregor Gysi

Liberale Demokratie ist kein guter Baustein für eine stabile Mauer

Sie alle haben eine Mauer um sich gebaut. Sie wollen mit „dem Volk“ nicht in Berührung kommen. Schon gar nicht wollen sie sich rechtfertigen. Denn Demokratie können sie nicht einmal. Widersprechen darf nur der Herrschende, der Unterdrücker. Liberale Demokratie, Meinungsfreiheit, unabhängige Justiz, frei gewählte Parlamente: All dies sind keine Bausteine einer stabilen Mauer. Nicht für Diktatoren.

Darüber habe ich in meinem Buch geschrieben, das im vergangenen Jahr veröffentlicht worden ist. „Wo Recht zu Unrecht wird“ heißt es und handelt von meinen Erfahrungen mit der Stasi. Jener Krake Staatssicherheit, die selbst vor mir als „West-Journalisten“ nicht Halt gemacht hat. Ganz abgesehen von meinen Freunden in Ost-Berlin: Sie waren dem Heer von willigen und teils gut bezahlten Helfern fast schutzlos ausgesetzt.

Von ihnen fühlen sich nicht wenige heute noch von der sogenannten „Linke“ ganz ordentlich vertreten. Kein Wunder, wenn man Fürsprecher wie Ex-SED-Führer Gysi an seiner Seite hat – zu Zeiten der Mauer ein „Anwalt“ in der DDR. Das Argument „Heute sind ja viel mehr Mitglieder bei der Linken, die nach dem Mauerfall geboren wurden zieht nicht. Der Autor dieses Artikels wurde auch nach dem 2. Weltkrieg und der Nazibarbarei geboren. Er distanziert sich allerdings von jeder Art Unrechtsstaat, Diktatur oder der Verletzung von Menschenrechten.

Die „Linke“ differenziert so lange rum, bis vom SED-Unrechtsstaat kaum noch ein Brösel übrig bleibt. Immer mit dem Argument: „War ja auch nicht alles schlecht in der DDR“. Das indes kannten wir schon von ganz anderen.

Siehe Interview Gysi heute (13. August 2021) im DLF.

Anlässlich des heutigen Tages habe ich eine Passage aus meinem Buch ausgesucht, die beschreibt, worum es auch noch heute geht – und immer gehen wird, wenn es um die Frage Freiheit oder Diktatur geht. Es ist das Nachwort des Buches.

Das Buch „Wo Recht zu Unrecht wird – Begegnungen mit der Staatssicherheit der DDR“ wird im Herbst in einer zweiten, erweiterten und ergänzten Auflage erscheinen. Sie können es HIER bestellen.

Wo Recht zu Unrecht wird | Nachwort


.

„Demokratie ist liberal, oder sie ist gar nicht.“ Das hat Altbundespräsident Joachim Gauck einmal gesagt. Er war der erste Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. 

Der Kampf für Menschenrechte, freiheitliche Demokratie und Pluralismus ist mit der Vollendung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 nicht zu Ende gegangen. Historisch betrachtet war dieser Tag ein bedeutender Einschnitt; das „Ende der Geschichte“ war er keineswegs. 

Die DDR trat dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei. Damit wurden auch diejenigen frei, die in der ehemaligen Diktatur unter- drückt worden waren. Die Kommunisten hatten verloren. Die Diktatur war besiegt und dem Recht eine Gasse geebnet. In diesem Buch habe ich versucht, die Unterdrückungsmechanismen aus Sicht eines im Westen aufgewachsenen Bürgers zu beschreiben und auch, wie ich die Unfreiheit anderer erlebt habe. 

Weltweit gesehen hat es einen Triumphzug der Freiheit indes nicht gegeben in den vergangenen dreißig Jahren. Russland und sein Führer Putin ersticken selbst zarteste Versuche der Freiheit im Keim. Demonstrationen sind faktisch verboten. Die sogenannten Wahlen oder Volksabstimmungen sind eine Farce. Meinungs- und Pressefreiheit existieren nicht. Regierungskritiker werden ermordet. Pseudolegitimiert unterdrückt das Regime in Moskau alles, was nicht zu hundert Prozent seinen eigenen Vorstellungen entspricht. 

Ein anderes Riesenreich mit weit über einer Milliarde Menschen hat sich auf den Weg gemacht, Unterdrückung zu seinem stärksten Exportartikel zu machen. „Made in China“ erlangt so eine vollkommen andere Bedeutung. Es steht längst nicht nur für billige, schwarz-rote Notizbücher. „Made in China“ steht ebenso für ein – nicht nur die liberalen Demokratien – bedrohendes System. Es produziert Metastasen der Manipulation und Unterdrückung. Dies ist deshalb so gefährlich, weil sich diese antidemokratischen Ge- schwüre kaum bemerkbar vermehren, aber gleichzeitig stetige Wirkung erzielen. 

Wie Russland missachtet auch die sogenannte „Volksrepublik“ China das Völkerrecht. Die Machthaber bedrohen nicht nur Staaten, die nach Unabhängigkeit streben, sondern auch solche, die bereits unabhängig sind. Hongkong, Tibet, Taiwan: Dies sind nur einige Beispiele für den Machthunger Pekings. Ganze Bevölkerungsgruppen werden wie Tiere unter unmenschlichen Bedingungen in Massenlagern gehalten und „umerzogen“. Das tun Machthaber, die Angst vor Kontrollverlust haben. 

Der türkische Präsident Erdogan ist ebenso ein Beispiel für einen schwachen Führer, der sich vor echter Meinungsvielfalt fürchtet. Seit seiner ersten Wahl zum Ministerpräsidenten 2003 hat er Stück für Stück jene Rechte abgebaut, die ihm gefährlich werden könnten. Der Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, spricht von einer „zivilen Diktatur“ in der Türkei. Nahezu 200 Journalisten waren oder sind noch immer in diesem Urlaubsland inhaftiert. Die Regierung behauptet dennoch, es gebe nicht einen einzigen Journalisten, der für das Schreiben von Nachrichten in der Türkei ge- fangen gehalten werde. Allein diese Aussage beschreibt das Selbstverständnis von Feinden der Freiheit nahezu perfekt. Die Wahrheit wird so lange umgedichtet, bis sie in das eigene Unterdrückungsmuster passt. 

Zu diesen, unsere Freiheit bedrohenden Staaten, gesellen sich Feinde im eigenen Land. Sie agitieren, manipulieren und morden sogar. Sie sind ebenso schwach wie die Diktatoren. Ihre Methoden zeugen von geringer Überzeugungsfähigkeit, sonst würden sie sich dem fairen, demokratischen Diskurs stellen. Sie sind gleichzeitig gefährlich, weil sie niederste Instinkte verunsicherter Menschen an- sprechen und diese zu manipulieren versuchen. Hätten die Rechtsradikalen von AfD bis NSU ein System zur Hand, mit dem sie Andersdenkende unterdrücken oder gar umbringen könnten, sie würden keine Sekunde zögern. 

Wer einem die Freiheit raubt, ist ein Freiheitsräuber; er mag sich selbst nennen wie er will. Es ist gleichgültig, ob dies links, rechts, militärisch oder sonstwie verbrämt wird. Je brutaler ein Regime seine eigenen Leute unterdrückt, desto schwächer ist es in Wirklichkeit. Starke Staatsmänner- und Frauen fürchten sich nicht vor dem eigenen Volk. Sie nehmen Pluralität und Vielfalt an. 

Die Bürger- und Menschenrechtler in der DDR und Ost-Berlin haben niemals Gewalt angewendet, und das war ihre eigentliche Stärke. Denn sie hatten es auf der Gegenseite mit einem System zu tun, dass ohne die Anwendung von physischer und psychischer Brutalität nicht hätte überleben können. Gerade darin aber kommt die tiefsitzende Phobie aller Diktatoren vor der Freiheit des Einzelnen zum Ausdruck. 

Sprachverwirrung und Gedankenverwirrung sind eineiige Zwillinge. Wir müssen wieder neu lernen, welche Inhalte in Worten wie Freiheit, Demokratie und Liberalität wirklich stecken. Wir müssen unser politisches Immunsystem gegen Agitatoren und die Mörder der Menschenrechte auffrischen. Wir müssen uns auseinandersetzen und nicht nur zuschauen. Friedlich natürlich, das irritiert Propagandisten am meisten. 

Es ist wieder Zeit, den Kampf für die epochale europäische Friedens- und Freiheitsidee aufzunehmen. Das ist jene Idee, die fast eine halbe Milliarde Menschen friedlich zusammenleben lässt: Ohne Krieg, ohne Willkür, ohne Diktatur. Sie erlaubt es uns, unsere Meinung frei zu äußern. Sie ermöglicht uns ein friedliches Leben in der Pluralität der Meinungen, zwischen Ethnien, Religionen und politischen Parteien. Liberale Demokratie ist nicht einfach da, und schon gar nicht bleibt sie einfach. Wir müssen schon etwas dafür tun. Vor allem, wenn sie von außen wie von innen immer stärker bedroht wird. 

Der deutsch-amerikanische Historiker Fritz Stern hat 1999 in seiner Dankesrede bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels gesagt: „Der Glaube an historische Zwangsläufigkeit ist ein gefährlicher Irrtum. Er verführt zur Passivität.“ 

Freiheit passiert nicht einfach so. Sie kommt nie zwangsläufig und bleibt nie von selbst. Wir müssen um sie kämpfen, wenn wir sie nicht wieder verlieren wollen.

Es geht um Cookies. Sie kennen das. Wenn Sie da raus wollen, klicken Sie sie einfach weg. Hier klicken um dich auszutragen.
Skip to content